Liebes Tagebuch
heute ist Donnerstag, also kurz vor dem Wochenende. Das Wochenende sind mich immer die elendsten Tage der Woche. Keine Fraktionssitzung, niemand der mir zuhört und dem ich sagen kann was zu tun ist, das Bundeskanzleramt ist wie ausgestorben, bis auf die Hofnarren… ich meinte natürlich Hofdiener. Der Sigmar von der SPD z.B. ist am Wochenende überhaupt nicht erreichbar, so dass ich im nicht sagen kann, was nächste Woche auf ihn zukommt, um ihn zu instruieren wie er was zu beantworten hat.
Deswegen schaut der Montags früh auch immer so erstaunt drein, wenn man ihn am Vormittag vor die Kamera bekommt, weil er da noch keine Instruktionen von mir erhalten hat. Also eigentlich schaut der ja immer so erstaunt drein, weil er eigentlich nie was auf die Reihe kriegt und immer meint, er müsse sich selber Gedanken machen. Was dabei raus kommt sehen wir ja dann, wenn er vor der Kamera steht. Ohne mich geht bei ihm nichts.
Der Seehofer ist wieder in irgend so einem verstaubten bayrischen Kaff in dem es kein Handy Netz gibt und er auch sonst nicht erreichbar ist und ich nicht weiss, was er wieder für einen Unsinn ausheckt. Wie soll man da regieren?
Wenigstens der Altmaier stet mir zu Verfügung, der ist jetzt in die Besenkammer im Keller eingezogen, weil irgend jemand muss ja 24/7 Tage die Woche für mich erreichbar sein und Männchen machen.
Der einzige, der sich übers Wochenende mit mir freut, ist mein Mann, der Joachim. Dann kann er mit mir über Physik sprechen oder ich bügel ihm die Hemden, Unterhosen etc. und falte alles zusammen – da bin ich halt nicht mehr Bundeskanzlerin, sondern ganz Joachims Ehefrau. Falten kann ich besonders gut, das sieht man ja auch an meinem Untergebenstab… Mitarbeiterstab, die falte ich alle so, wie es mir gefällt, zusammen… wenn es sein muss…also eigentlich immer. Deswegen haben die auch alle keine eigenen Meinung und können nicht gegen mich aufbegehren.
Die groben Problemfälle, wie damals den Friedrich Merz z.B., die habe ich alle weg gefaltet. Irgendwie kam der auf die Idee, eine eigenen Meinung zu haben, unglaublich, so etwas kann ich in meinem Umfeld wirklich nicht gebrauchen.
So Bundeskanzlerin zu sein, ist keine grosse Sache, ein paar Ansagen hier, ein paar Knöpfchen drücken da, und alle machen, was ich sage. Natürlich ohne nachzudenken, sonst würde der Apparat ja nicht so geschmiert laufen. Geschmiert… das klingt fast schon obszön und kann schnell missverstanden werden, dabei meine ich das im übertragenen Sinn… also nicht religiös sondern eher politisch. Halt so, wie man es so als Bundeskanzlerin meint.
Wirklich hart sind die Wochenenden, da muss ich meine ganze Weiblichkeit zuhause raus lassen, halt Ehefrau, Mutter… ah nein das gilt ja nicht, Freundin und was sich mein Mann Joachim sonst noch ausdenkt und der normale Bürger nie für möglich hält. Zuhause soll ich immer fröhlich sein und ein nettes Gesicht machen, aber das ist gar nicht so leicht bei der Vielzahl an undankbaren Bundesbürgern, die überhaupt nicht begreifen wollen worum es mir geht.
Am Freitag Abend sag ich mir immer, noch dreimal schlafen und es geht wieder los. Endlich Montag und alles pfeift nach meiner Tanze… nach meiner Tanze pfeift alles… nein das heisst ja glaube ich, tanzt nach meiner Pfeife. Werde mal den Altmaier in seiner Besenkammer gleich anrufen, der kennt die Antwort…