Liebe Wutbürger
Neulich, als ich Angela Merkel und mein Frank-Walter (Aussenminister)
auf einer Parkbank gesessen sind, haben wir darüber geredet und waren
uns einig, wie gut es unseren Untertanen, äh Mitbürgern, hier in
Deutschland doch geht, im Vergleich zu den Menschen, die in Guantánamo,
oder Nordkorea leben. Bei uns können sich die Menschen frei bewegen und
sich alles leisten, ausser denen, die
das nicht können und dennoch hat man scheinbar nichts Besseres zu tun,
als sich über uns Politiker und den Wohlstand, den wir für Sie
geschaffen haben, zu beschweren.
Schlimmer noch, einige meiner
leibeigenen Untertanen – äh Steuerzahler, nein, ich meinte Bundesbürger
– fangen jetzt an sich teilweise zu formieren und Stimmung gegen uns
Politiker zu machen. Diese deutschen Proletarier, rechtsradikalen
Mittelständler, Hartz-IV-Empfänger und Co., die gescheiterten
selbständigen Männer und Frauen mit und ohne Kinder, unmündigen
Erwachsenen auf unseren Strassen, im Internetz oder sonst wo, die jetzt
meinen einen arabischen Frühling auf deutschem Boden anzetteln zu
müssen, sollten in ihre Heimat zurückkehren, oder von wo sie sonst
herkommen.
Scheinbar sind sie alle der irrigen Ansicht, dass
sie gegen den Strom schwimmen müssten, aber stattdessen werden sie meine
volle Gleichgültigkeit und Ignoranz zu spüren bekommen. Wir Politiker
werden sie auch weiterhin in einem Redeschwall ersticken und in die
Kanalisation zurücktreiben, um denjenigen Menschen im unseren Land Raum
zu verschaffen, die sich von uns auch weiterhin nur allzu gern
entmündigen – nein, ich meinte manipulieren – hüstel … (ver)führen
lassen. Dieser ungerechtfertigte Aufschrei nach mehr Demokratie ist ja
der absolute Gipfel!
Als Politiker reisst man sich tagtäglich
für die Menschen seines Landes die Beine aus – und jetzt das! Wissen die
Menschen auf der Strasse überhaupt, was es bedeutet, das asketische
Leben eines Politikers auf sich zu nehmen und nur zu schauen, das es uns
selbst immer am besten geht, während sich die Menschen unseres Landes
hinten anstellen müssen, oder unten, oder sonst wo …?
All diesen
Querulanten und revolutionären Kräften sei gesagt: Lachse schwimmen
immer stromaufwärts. Deswegen gibt es auch für uns in Deutschland immer
nur eine Richtung, und die heisst: Dort wo Angela ist, da ist
stromaufwärts! Sollte ich einmal doch hinten, oben oder unten, oder
sonst wo sein, dann ist da ebenfalls stromaufwärts. Wichtig ist nur, den
Anschluss an mich nicht zu verlieren, sonst kann ich ihnen auch nicht
mehr helfen. Wer nicht meine Partei wählt und nicht fähig ist, so zu
denken wie ich und meint er müsse eine neue oder andere Richtung
einschlagen, der wird unser Land unweigerlich in die Steinzeit
katapultieren.
Dieser Unfug von direkter Demokratie,
Volksentscheidungen und mehr Mitspracherecht für Bürger: Wie verzweifelt
müssen Menschen mit solch wirren Ideen im Kopf eigentlich sein? Da ist
der Weg in eine geschlossene Anstalt nicht mehr weit! Man kann doch
niemanden mit gesundem Menschenverstand einfach so mehr Mitspracherecht
geben, schon gar nicht den Menschen, die auch noch dafür demonstrieren
oder sich sonst wie stark machen, wo kommen wir denn da hin? Gestern
noch haben wir Politiker die Demokratie am Hindukusch verteidigt, heute
die in Afrika und morgen, wenn notwendig, die auf dem Mond. Wir bringen
Opfer für unser Land und lassen unsere Soldaten dafür sterben, zählt
denn das gar nichts? In Deutschland können wir es uns nicht leisten,
eine neue russische Revolution auszurufen, das schadet nur unserer
Exportwirtschaft, und wenn irgendjemand glaubt, er könne die Interessen
des Volkes besser vertreten als seine Angela, dem darf ich versichern –
es gibt niemanden!
Der SPD habe ich gerade dadurch einen
Tranquilizer verabreicht, indem ich sie die grosse Koalitionssuppe
auslöffeln lasse, da sind sie gut beschäftigt und ich kann mich auf das
Regieren konzentrieren. Die FDP hat sich erfolgreich selbst abgeschafft,
und die Grünen nimmt man auch nur noch auf ihren selbstinszenierten
Parteitagen wahr. Der Horst von der CSU, der krönt sich wöchentlich
selbst, so dass er und seine Kumpels keinen Unfug mehr anstellen können.
Dann wäre da noch die AFD, mein Güte, ich weiss ja noch nicht einmal
wer das sein soll, und von der Links-Partei mit der Giesskanne – äh, ich
meinte Gysi – ganz zu schweigen.
Als ihre deutsche Zarin darf
ich ihnen versichern, dass es viele versucht haben, aber alle an mir
gescheitert sind und auch in Zukunft scheitern werden. Diese Art des
Demonstrierens und des Wiederstandes – wie wir sie in diesen Tagen
erleben – wo einfach auf die Strasse gegangen, ein Verein gegründet,
neue Parteien gebildet und Facebook-Profile erstellt werden etc., ist
unpatriotisch, unmoralisch und undeutsch. Das war es schon immer und
wird es auch in Zukunft bleiben. Eine Neuorientierung begrüssen und
unterstützen wir, aber sie muss von uns Politikern ausgehen! Der Bürger
sollte sich auf wichtigere Aufgaben konzentrieren, Steuern zahlen und
sich auspressen lassen – äh, ich meinte natürlich in den Urlaub fahren
und sich einmal etwas gönnen. Vor allem wenn kein Politiker aus dem
Ortsverein oder kein Gewerkschaftsvertreter mitmarschiert und sich nicht
an solchen Veranstaltungen beteiligt, damit auch ja alles halbwegs
kontrolliert werden kann und wenigstens einer von den Teilnehmern weiss,
worum es geht, dann ist das Chaos vorprogrammiert.
Man kann
doch nicht einfach einen willkürlich zusammengewürfelten Haufen
Menschen, die sich zusammenfinden, unsere freiheitlich demokratische
Diktatur – hüstel … ich meinte natürlich Demokratie – angreifen lassen.
Stellen Sie sich einmal vor wie das sowohl mich, als auch meine
politischen Genossen aller Parteien irritiert und schockiert hat! Bisher
sind wir Politiker doch davon ausgegangenen, das alle Menschen in
unserem Lande zufrieden und glücklich sind, und jetzt das!
Dass
die Bürger unseres Landes scheinbar von uns Politiker erwarten, wir
müssten uns um ihre Belange kümmern – wo kommen wir da hin? Wir haben
schon genug mit Grossbanken, der Industrie und unserer Kriegsführung
usw. zu tun, da können wir doch nicht auch noch den Menschen hier in
Deutschland die notwendige Aufmerksamkeit widmen. Schauen Sie einmal,
was wir in der Ukraine Grossartiges geleistet haben, mit tausenden toten
Zivilisten, dank Ihrer Angela. Diesen Konflikt anzustacheln und von mir
höchstpersönlich am Lodern zu halten braucht Kraft, Zeit und Ausdauer.
Dennoch, auch wir Politiker in Berlin sind nur Menschen und fühlen uns
momentan wie Fische an Land, die verzweifelt nach Luft schnappen. Diesem
ganzen Demokratiegewürge – hüstel … ich meinte
Demokratisierungs-Spinnerei, äh …, ich meinte dem Demokratisierung-Wahn –
nach mehr Mitspracherecht und direkter Demokratie – was das überhaupt
sein soll, haben ich und meine politischen Kollegen bis heute nicht
verstanden –, dem muss Einhalt geboten werden. Diesen mentalen
Brandstiftern mit ihren querulierenden Demokratie-Gedanken würden wir
Politiker am liebsten jene Bullterrier von Bürgern und Parteien, Presse
usw. auf den Hals hetzen, welche jedes Demokratiestreben nur allzu gerne
mit einem Rechtsruck und der guten alten Deutschen braunen Suppe
vermengen und vergleichen. Wie in der Ukraine stacheln wir hier in
Deutschland das eigene Volk gegeneinander auf, das mindert den Hunger
auf mehr Demokratie.
So demonstriert am Ende jeder gegen jeden
und alle glauben im Recht zu sein, wenn sie so schimpfend aufeinander
losgehen und jede Seite für sich das Recht in Anspruch nimmt, Jesus
persönlich zu verkörpern. Am Ende haben wir Politiker alle gegeneinander
ausgetrickst und sind wieder glücklich und zufrieden, weil sich nichts
geändert hat.
An dieser Vorgehensweise, das Volk gegeneinander
auszuspielen, werden wir auch weiterhin festhalten, wie ein Pitbull an
einem Oberschenkel – äh, ich meinte am Knochen. Diesen grunddeutschen
Beissreflex aus der Zeit nach 1945, den man allen Demokratie-Querulanten
freundschaftlich entgegenbringt, gilt es auszunutzen und zu fördern um
jeglichen Wandel in diesem Land aufzuhalten und zu blockieren. Der
Deutsche Bürger muss vor der grundlegenden Fehlentscheidung einer
eigenen Meinung bewahrt und geschützt werden. Danken Sie mir nicht,
dafür sind wir Politiker ja da. Lassen Sie sich nicht von den
Demokratie-Aktivisten der ersten Stunde manipulieren, die wollen etwas
ganz anderes – was auch immer das sein mag! Sie stehen für etwas, von
dem ich mich selbst höchstpersönlich überzeugt habe und daher nicht
weiss, was es eigentlich ist.
Mehr Demokratie bedeutet für
unser Land unweigerlich einen Rechtsruck – und der kann doch nicht
gewollt sein! Es ist doch nur noch eine Zeitfrage, bis diese sogenannten
Demokratie-Mitläufer die ersten Voodoo-Puppen mit Bärten oder
intellektuelles Gedankengut wie z.B. die Bildzeitung, verbrennen werden.
Mein Justizminister, der Heiko, hat mir sogar berichtet, das einige
dieser Demokratie-Jünger Exorzismus betreiben, um den Führer
wiederauferstehen zu lassen und dass man mit der Kirche in Rom in
Kontakt steht, um den Namen „Demokratie“ heiligsprechen zu lassen. Mir
ist sogar zu Ohren gekommen, dass dieses Demokratie-Gewürge
beabsichtigt, die Bezeichnung „Mutter Theresa für mehr Demokratie“ in
ihr Programm einzubinden.
Wenn Sie so weitermachen, ist es doch
nicht mehr weit weg, bis Demokratie-Mitarbeiter in Zivil mit
Transparenten und Plakaten durch die Strassen marschieren werden. Noch
nie war Deutschland einem erneuten Überfall auf Polen so nahe, wie in
den Tagen von Mehr-Demokratie.
Um das wirkliche Ausmass der
Ereignisse zu erkennen, habe ich neulich im Fernsehen angesehen, wie es
aktuell vor Ort zugeht. Da haben sich Teilnehmer von Demonstrationen als
harmlose Menschen wie du und ich ausgegeben und getarnt. Als
selbstständige Unternehmer, freundliche Familienväter und Mütter,
Menschen mit Sorgen und Ängsten usw., die es ja allesamt bei uns so gar
nicht geben kann, und die um ihr Land besorgt sind – lächerlich!
Soweit ist es also schon gekommen, dass sich die
Demokratisierungs-Teilnehmer als Gesellschaftsdurchschnitt bezeichnen
und ausgeben! Seitdem ist mir klar geworden, dass man bei diesen
Veranstaltungen vor nichts zurückschreckt und dass denen alles
zuzutrauen ist. Im übrigen – noch nie gab es einen Politiker in
Deutschland, der sich die Ängste der Menschen so zu Herzen genommen hat
wie ich, wenn es denn welche geben würde.
Überhaupt, stellen
Sie sich einmal vor, man würde die Stunden des Herumtrödelns bei
Demonstrationen sinnvoll einsetzen – was man da an Aufbauhilfe in
Afghanistan leisten könnte!
Seien Sie doch ehrlich zu sich
selbst, wer wünscht sich schon eine direkte Demokratie wie in der
Schweiz, bei der das Volk entscheidet wo es langgeht, und wo der
Politiker ein Angestellter des Volkes ist. Nur weil unsere Nachbarn
damit gut fahren, und es dort funktioniert kann man doch nicht erwarten,
dass es bei uns klappt. Das ist undeutsch und würde jeden Bürger nur
überfordern.
Längst lasse ich die Bürger unseres Landes an
allem teilhaben, und zwar in einer Form, die individuell und persönlich
auf jeden abgestimmt ist – in Form von Steuern und möglichst keinem
Mitspracherecht, wodurch Sie mehr Zeit für das Privatleben haben, in
einer Funktion als taubstummer Mitbürger, dem man die Hände auf den
Rücken gebunden hat.
Noch mehr Demokratie ist doch gar nicht möglich!
Ihre Angela
© Günters Neurosen